Fragmente des Romans „Sangesur“
Aserbaidschanisches Staatliches Übersetzungszentrum präsentiert Auszüge aus dem zweibändigen historischen Roman „Sangesur“ von Ayyub Abasov, der meisterhaft die durch Armeniern in den Jahren 1918-1920 in Sangesur ausgeübten, blutigen Massaker darstellt. Das Video wurde in englisch-, russisch-, türkisch-, persisch-, arabisch-, georgisch-, französisch-, ukrainisch-, spanisch- und deutschsprachigen Versionen an die ausländischen Massenmedien gesendet.
Ayyub Abasov ist ein Schriftsteller, Dramatiker, Journalist und verdienter Künstler Aserbaidschans.
Er wurde 1905 im Dorf Scheki der Provinz Sangesur Aserbaidschans (Sissian im heutigen Armenien) geboren. 1918 verlor er seine Angehörigen im Völkermord, der von armenischen Bewaffneten in Sangesur unter der Führung des Generals Andranik Ozanian ausgeübt wurde. Im Alter von 13 Jahren zog er mit einer kleinen Anzahl seiner Dorfbewohner, die das Massaker überlebten, nach Nachitschewan und lebte bei seinen Verwandten. Nach dem Abschluss seines Studiums an der Fakultät für Sprache und Literatur des Aserbaidschanischen Staatlichen Pädagogischen Instituts im Jahr 1930 besuchte er von 1934 bis 1937 Kurse für Redakteure und Übersetzer in Leningrad (heute Sankt Petersburg).
Er ist Autor des zweibändigen historischen Romans „Sangesur“, der meisterhaft die durch Armeniern in den Jahren 1918-1920 in Sangesur ausgeübten, blutigen Massaker und die Charakterfigur der blutrünstigen armenischen Henker wie Andranik, Dro, Nschdeh schildert.
Der 52-jährige Schriftsteller starb auf mysteriöse Weise am 18. Dezember, kurz nach der 1957 erfolgten Veröffentlichung dieses Romans. Der Grund seines Todes blieb noch ein Rätsel…
Aserbaidschanisches Staatliches Übersetzungszentrum präsentiert Auszüge aus dem historischen Roman.
Fragmente des Romans „Sangesur“
„Es waren niemals so viele Menschen im Dorf Gizildschig wie heute Nacht. Die Häuser, Straßen und Tennen waren voller Menschen. In dieser schönen Sommernacht kamen sie auf das Dorf nicht als Gäste, sondern als Vertriebenen. Diese Menschen kamen aus verschiedenen Dörfern, wie Aghudi, Vaghüdi, Urud, Garakilsa, die zerstört und verbrannt wurden. Sie entkamen der Kanone und dem Gewehr von Andranik. Aber ihnen folgte wieder die Katastrophe... Von den Schreiereien – „Mein Kind“, „Meine Schwester“, Mein Vater“, „Mein armes Kleinkind ist dort geblieben“, „Mein Haus, Heim ist ausgebrannt“, "Brot ...“ – gellten jedem die Ohren. Hier gab es kein Gras oder Brennesseln mehr zu essen ... Andranik versammelte seine Armee und die armenische Bevölkerung auf einem Platz in Gorus und gratulierte ihnen zum "Sieg" und sagte: "Wie ihr seht, nehme ich an den Muslimen von Sangesur für die Abschlachten von Armeniern in der Türkei Rache! Jetzt werde ich den Rest der muslimischen Dörfer vollständig vernichten“.
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„Es war Ende April 1919. Außer der Reichen und einiger Dorfbewohner, die ihr Eigentum und Geld mitzunehmen konnten, verschlechterten sich die Lebensbedingungen der Flüchtlinge aus Sangesur. Tausende von Menschen waren in Armut, sie hatten kein Land zum Pflanzen, kein Brot zum Essen, keine Kleidung zum Anziehen. Sie mussten all die Schwierigkeiten und die Demütigung ertragen, nicht um wohl zu leben, sondern auch nicht zu sterben. Die Flüchtlinge aus Sangesur, die katastrophales, elendes Leben führten, warteten darauf, dass irgendwo die Sonne des Glücks aufgehen wird. Jeder, sehnte sich danach, in sein Dorf, in seine Heimat, obwohl sie verbrannt und verstört worden sind, zurückzukehren, sein Leben wieder aufzubauen. Es war jedoch nicht möglich, in das von den Daschnaken regierte Land zurückzukehren…“
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„Das Leben und die Not zwangen unglückliche Menschen, alles zu tun. Manche arbeiteten als Pflüger, manche als Viehhüter, manche als Spinner, manche bewässerten die Felder und manche bettelten.
Einige der Flüchtlinge ziehen nicht aus den Dörfern, in denen sie niedergelassen haben, und sagen: „Selbst wenn wir sterben, werden wir hier sterben“. Manche wandern zumindest einmal auf der Suche nach einer Job durch die Dörfer. Jeden Tag starben die Flüchtlinge auf diesen oder jenen Dörfern an Krankheiten und Hunger. Tausende Flüchtlinge litten in zehn Monaten nach der Vertreibung aus ihrer Heimat im Sommer an Fieber, im Winter an Typhus und einer Lungenentzündung“.
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„…Bauern, Armen! Die Regierung der Daschnaken ist eine Regierung von Reichen, Meliken und Grundbesitzern. Seitdem die Daschnaken an die Macht kamen, verschlechterte sich euer Leben. Die Bettelei und der Hunger entkräfteten die Bauern. Die Daschnaken wollen den Streit mit Muslimen und Georgiern nicht beenden, sie verschärfen die Situation. Sie entnehmen eure Getreide und euer Vieh und versorgen damit die Bewaffneten. Zu Hause verhungern eure Familien. Sie täuschen euch mit leeren Versprechungen. Die Armen sollen ihr Grundstück verkaufen, um die Tränen ihrer Kinder mit einem Stück Brot zu trocknen. Die Reichen sagen: „Ich habe kein Stück Land für euch, sowie kann euch kein Getreide leihen. Geht und kümmert euch um eure Familie“.
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„Der armenische Offizier sagte:
„Mann, verrückter Muslim, brüst dich nicht, sprich nicht bösartig!“ Wie könnt ihr Sangesur zurückerobern? Wisst ihr nicht, dass auch die Amerikaner und General Denikin auf unserer Seite sind! Wisst ihr wahrscheinlich, dass wir euch bis zu Askeran vertreiben werden. Wir werden euch sowohl Karabach als auch Nachitschewan wegnehmen!“
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„An den Vorsitzenden des Revolutionären Komitees von Gubadli!
„Ich biete Ihnen an, die armenischen Kommunisten und Guerillas, die aus Sangesur geflohen sind und in Ihrem Ujesd eine Unterkunft gefunden haben, so schnell wie möglich zu meiner Verfügung zu stellen. Wenn sie nicht zurückkehren, werden ihre Häuser in Brand gesetzt und ihre Familien – von Kindern bis hin zu alten Menschen – erschossen. Ich verspreche das Überleben der zurückkehrenden Armenier. G. Nschdeh. 10. Juni 1920.“
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„Dieser Kampf, den sie mit dem Ziel begonnen, neues Land zu erobern, eine nationale Feindschaft zwischen beiden Völkern zu säen, dauerte nicht so lange, aber richtete großen Schaden an. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verwundete. Häuser wurden geplündert, aber armenische Dörfer wurden nicht zerstört. Die Bevölkerung floh nicht aus ihrer Heimat.“
„Vor dem zweistöckigen Haus sammelten sich viele Menschen. Die Leute, die traurig miteinander redeten, warteten auf Neuigkeiten. Nach einer Weile trat ein mittelgroßer, breitschultriger, 58-60-jähriger Mann, mit russischer Generalsuniform auf den Balkon. Als ihn alle sahen, klatschten sie Beifall:
- Pascha Andranik! Pascha Andranik!
Andranik hob seine Hand und forderte sie auf, still zu bleiben. Danach schwiegen alle. Andranik sagte:
- Flüchtlinge! Armenier, die aus ihrer Heimat und ihrem Dorf geflohen sind! Ich kenne euren Kummer. Ihr habt kein Haus zum Wohnen, kein Land zum Pflanzen, kein Brot zum Essen. Ihr habt sie in Ardahan, Kars, Sarikamisch zurückgelassen. Aber hier gibt es niemand, der sich um euch kümmert. Für die Hilfe kommt ihr jetzt zu mir. Ich werde mein Bestes geben. Ich konnte mich nicht an den Türken rächen, die mit euch in der Türkei so behandelt haben, aber werde es im Kaukasus, in Sangesur, machen. Wartet, wartet auf jenen Tag! Geht jetzt nach Hause!
„Und wann? Wir sind in Armut!“- sagten die Leute. Andranik ignorierte ihre Fragen und ging hinein.
Die Leute sahen sich einander an und sprachen langsamer und lauter: „An wen wird er sich in Sangesur rächen? Er sagte nicht, wie er uns helfen wird. Lass und komm schon. Pascha Andranik wird auch nichts machen...“
„Andranik lächelte:
- Welche Regierung ist es? – sagte er.
- Nationale Regierung von Armenien.
- Vielleicht meinen Sie die Regierung von Tiflis? Sie ist keine richtige Regierung!
Ich denke, die Offiziere sollten in der Politik geschickter sein. Im Transkaukasus gibt es drei Regierungen: Menschewistische, Armenische sowie Musavat-Regierung. Als Armenier müssen Sie der armenischen Regierung gehorchen. Wir haben schon herausgefunden, wo Sie leben, was Sie tun und woher Sie kommen. Ihre und unsere Ziele sollen gleich sein. Ich möchte noch sagen, dass sich Ihre Bewaffneten der armenischen Nationalarmee anschließen müssen. Sie müssen auch als Offizier in der armenischen Armee dienen. Sie ...
Andranik unterbrach ihn:
- „Ich bin ein hochrangiger Offizier, ein General!“
Der Name spielt keine Rolle, Sie werden auch Pascha genannt. Dieser türkische Offizierstitel passt jedoch nicht zu Ihnen, da Sie Armenier sind. Gorus wird die Residenz der Truppen sein, die wir in Sangesur versammelt haben. Es muss sichergestellt werden, dass es zu keinen Zusammenstößen zwischen den Soldaten kommt.“
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„Der Priester sagte:
– „Bevor ich trinke, möchte ich etwas sagen“. Alle starrten ihn an und der Priester fuhr fort zu sprechen: - Der Polizeichef teilte mit, dass er die Sprachen der kaukasischen Völker lernt. Das ist gut. Aber es wäre besser, zuerst Armenisch zu lernen. Denn die armenische Sprache und armenische Geschichte sind älter.
„Wir werden es auch lernen, Priester“, sagte der Polizeichef lächelnd.
Mesrop, der einen mysteriösen Spott in seinem Lachen spürte, sagte enttäuschend:
- Ja, ja, Polizeichef, ich werde beweisen, dass die armenische Nation eine sehr alte Geschichte hat. Es muss eine Schule auf Armenisch eröffnet werden.“
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„Diese Meinungen des Priesters Mesrop sind die Worte der armenischen Kirche: „Meine Nation ist allen Nationen überlegen. Die Geschichte einer Nation ist nicht so alt wie die der Armenier...“
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„Andranik wollte den Fehler, den er in erster Attacke gemacht hatte, nicht wiederholen. Beim zweiten Angriff musste er alle Ausgänge blockieren und alle Menschen ums Leben bringen... Alle muslimischen Dörfer sollten zerstört werden“.
„Nschdeh sagte:
- Priester, Du sollst dich jetzt auf den Weg nach Teheran machen.
- Teheran?
- Ja, Priester. Da ich dich als loyalen Menschen kenne, schicke ich dich zum britischen Konsul in Teheran. Triff und sprich mit ihm als Vertreter der Regierung von Syunik und der armenischen Nation.
Sag bitte, dass die Regierung von Syunik verspricht, die Wälder, Kupferminen und alle Bodenschätze von Sangesur zu ihrer Verfügung zu stellen. Heb besonders hervor, dass Nschdeh sich den Roten ergibt, weil er sich auf ihn verlässt. Warum bewegen sich die britische Armee nicht fort? Warum lässt er uns auf dem Schlachtfeld allein? Warum lässt die britische Regierung zu, dass der Kaukasus in den Einflussbereich der Bolschewiki gerät? Treff dich danach durch den britischen Konsul mit den iranischen Regierungschefs. Sag ihnen, dass der Iran immer in Gefahr ist, wenn die Bolschewiki ihre Stellungen im Kaukasus stärken. Die iranische Regierung müssen uns auch so gut wie möglich helfen...“
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„Bald werden unsere Truppen angreifen. Wir werden muslimische Dörfer in der Nähe unserer Grenze einnehmen. Unser Plan ist es, bald in Karabach einzumarschieren. Wir haben die umliegenden Dörfer zerstört. Jetzt sind auch diese Dörfer unter der Kontrolle unserer armenischen Brüder. Viele Menschen sind gestorben und die überlebenden Muslime sind in den Iran und nach Nachitschewan geflohen.“
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„Neblige Berge, grüne Wiesen, die vergilbt sind, konnten Flüchtlinge aus Sangesur nicht beherbergen. Ohne Kleider, Bettzeug begannen hungrige Menschen nach dem Leben woanders zu suchen. Einige Familien gingen nach Nachitschewan. Einige zogen nach Kurdistan, Dschabrail, Barda, Aghdam und Yevlach um. Einige von ihnen – Verkrüppelte, Pferdelose, Kranke, Verwundete – haben in ihrer Umgebung eine Unterkunft gefunden. Sie gingen nach Minkend, Mollaahmedli und Garakeschisch. Auch dort fanden sie keine Unterkunft und hausten sie in den Höhlen.“
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