Sona Xanim Mehmandarova - Eine Miss World, deren Grabstätte unbekannt ist
Sona Xanim Mehmandarova
Eine Miss World, deren Grabstätte unbekannt ist.
Wenn man den Namen “Mehmandarov” hört, fallen einem erst General zaristischer Armee und Kriegsminister der Demokratischen Republik Aserbaidschan Samed Bey Mehmandarov und auch Kerim bey Mehmandarov, der Petersburger Medizinisch-Chirurgische Akademie absolviert und später den Zweig der Organisation Difai in Schuscha geleitet hatte. Aber die meisten wissen nicht, dass ein Zweig der Familie Mehmandarovs aus Lenkeran stammt.
Nach Ansicht der Forscher ist diese Familie mit der Geschichte des Khanates Karabach eng verbunden.
Im Khanat gab es damals einen Beamten namens Mehmandar, dessen Aufgabe Empfang der Ehrengäste war. Zur Zeit von Ibrahimchelil Khan Dschavanschir (1762-1806) war diese Mission von Mirze Ali bey übernommen worden. Später haben seine Abkömmlinge sich den Nachnamen Mehmandarov genommen.
Manche Forscher berichten, dass die Familie ihren Ursprung jenseits des Flusses Araz (Südaserbaidschan) genommen hat und später nach Karabach gezogen ist. Es besteht in beiden Fällen kein Zweifel, dass Mehmandarovs mit Schuscha verbunden waren. Eine andere Linie dieser großen Familie hat sich auch in Lenkeran niedergelassen. Mirze Sadiq bey Mehmandarov wurde in Schuscha geboren. Als er an der juristischen Fakultät an der Petersburger Universität studierte, lernte er Hadschi Mir Abbas Talischinski kennen. Hadschi Mir Abbas lud ihn nach Lenkeran in sein Herrenhaus ein, um dort als Chefanwalt zu arbeiten. Mirze Sadiq heiratete dann die Enkelin des Generalleutnants Mir Mustafa Khan Talischinskiy. Sein gut ausgebildeter Sohn Nagi bey (Bruder Samed bey Mehmandarovs) stieg später auch zum Bürgermeister der Stadt Lenkeran auf.
Sie war wegen ihrer Schönheit vermisst…
Sona Khanum Mehmandarova wurde Mitte der neunziger Jahre des 19.Jahrhunderts in die Familie Naqi Beys geboren. (Ihr genaues Geburtsdatum ist unbekannt, schätzungsweise zwischen 1894-1896 geboren) Von Kindheit her hatte sie eine vortreffliche Erziehung und Ausbildung bekommen. Das Schicksal bereitete ihr aber eine ganz andere Bestimmung, obwohl sie nach Abschluss des Gymnasiums Hochschulausbildung bekommen wollte. Für ihre recht makellose Schönheit war sie noch in ihrer Jugendzeit bekannt. Nicht nur äußerliche Schönheit, sondern auch Vornehmheit und Höflichkeit bewunderte jeder. Viele Freier klopften an die Tür Naqi Beys, als seine Tochter zur Reife gelangte. Aber ihre Eltern und sie selber wiesen alle Bewerber ab, weil sie Hoffnungen auf glänzende Zukunft hegte. Nein-Sagen von den Eltern brachte manche Freier auch zur Sturheit. Das Ergebnis war aber sehr verhängnisvoll. Ein Junge wollte Sona, egal mit welchen Mitteln, zur Frau haben und beschloss, sich an dem hartnäckigen Vater zu rächen und brachte ihn um. Diese Tragödie hinterließ tiefe Spuren im Innern junger Sona. Um ihre Tochter vor der Gefahr schützen zu können, beschloss die Mutter sie von Lenkeran fernzuhalten und nach Baku zu Verwandten zu schicken. Und damit eröffnen sich in ihr Leben neue unerwartete Seiten des Lebens. Sie hätte sich nie gedacht, dass diese Stadt, in die sie wegen einer gelebten Tragödie gekommen war, für sie eine Tür zur Welt war.
Provinzmädchen wurde Gewinnerin des Schönheitswettbewerbs
Aufmerksamkeit und Fürsorge der Verwandten um sie, Liebe der Freundinnen zu ihr und das rege Leben in Baku verschafften ihr Trost und Linderung. Aber es dauerte nicht lange. Ruhm der Miss Provinz verbreitete sich bald unter den Eliten. Und viele wollten um ihre Hand anhalten.
Sona Xanim wollte aber darüber noch nicht denken. Im zweiten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts begann Baku sich rasch zu entwickeln. Es fanden viele interessante Ereignisse im kulturellen Leben der Stadt statt. Eines dieser Ereignisse war die Austragung des Schönheitswettbewerbs im Jahre 1912 im obschestvennoye sobraniye genannten Gebäude (heutige Aserbaidschanische Staatliche Philharmonie). Als Sona Mehmandarova auf Wusch ihrer Freundinnen an diesem Wettbewerb teilnahm, glaubte sie vielleicht nicht ein erfolgreiches Ergebnis erreichen zu können. Jedenfalls war es ihr nicht so leicht gegen Gleichaltrige zu gewinnen, die in den großen Städten wie Baku geboren und aufgewachsen waren. Es passierte das vollkommene Gegenteil dessen, was erwartet wurde. Das feine und adlige Provinzmädchen mit natürlicher Schönheit wurde von der Jury zur Gewinnerin gekürt. Es war ihr wohl damals nicht bewusst gewesen, welche Rolle dieser Sieg später in ihrem Leben spielen könnte. Sie dachte, man wird von ihr für eine kurze Weile sprechen, und dann wird sie in Vergessenheit geraten.
Hiermit wird das Leben sich wieder normalisieren. Das Schicksal verschaffte ihr weitere unglaubliche Erfolge. Es stellte sich heraus, dass dieser Zufall ihr erster Schritt in der Schönheits- und Modewelt war.
Siege in Tiflis, Sankt Petersburg und Paris
Alte traditionelle Schönheitswettbewerbe wurden schon Anfang des 20.Jahrhunders zu einem Teil des Lebens der Aristokraten. Ein solcher Wettbewerb fand auch im Zentrum Transkaukasiens Tiflis statt. Gewinner des Bakuer Wettbewerbs wurden direkt Teilnehmer des Tifliser Wettbewerbs.
Es war Gottes Güte, das Glück versuchen zu können, dachte sie vermutlich, als sie mit Zustimmung der Verwandten nach Tiflis fuhr, und zumindest würde sie damit eine schöne Stadt besuchen können. Die Türen zum Glück öffneten sich ihr.
Sona Mehmandarova spürte das Siegesgefühl auch in Tiflis. Anschließend erreichte sie beim Wettbewerb in Sank Petersburg „Miss Russland“ den ersten Platz und wertvolle Krone. Dies alles war wie im Traum. Es kam der jungen Sona so vor, als wäre sie im Traum, aus dem sie nicht erwachen konnte und sozusagen nicht erwachen wollte. Ein Traum wie ein Märchen. Als Sona Xanim Mehmandarova zur Teilnahme am Final des Wettbewerbs „Miss World 2012“ nach Paris fuhr, war sie schon genug selbstsicher. Sie war bewusst, dass die weibliche Schönheit nicht nur im Aussehen, sondern im moralischen Anstand lag.
Das Mädchen aus Aserbaidschan wurde 1912 zur Miss World gekürt. Es gerieten bald Nachrichten und Fotos von der Miss World mit der Krone in die Schlagzeilen der Zeitungen. „Perle vom Kaukasus“ Sona Mehmandarova war schon weltbekannt. Der Sieg in Paris veränderte ihr das Leben.
Das Ende des zauberhaften Traums
Weder nach Lenkeran noch nach Baku oder Tiflis durfte Sona Mehmandarova mehr zurückkehren. Sie war schon Stolz eines großen Imperiums und außerdem genoss sie ein hohes Ansehen bei der Zarenfamilie und baute sich ein großes Vermögen auf und musste danach in der Hauptstadt des Imperiums leben.
Sie kaufte sich ein prachtvolles Herrenhaus im Zentrum von Sankt Petersburg und nahm einen besonderen Platz im aristokratischen Leben der Stadt. Dies alles könnte aber einer Frau keine Familie ersetzen. Nach den damaligen Regeln dürften Gewinner des Schönheitswettbewerbs in einem Jahr nicht heiraten. Daher musste sie alle Heiratsanträge von jungen reichen vornehmen Bewerbern ablehnen. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde aber alles zerstört. Aus den Schwierigkeiten des Lebens einen Ausweg gesucht, beschloss sie endlich mit einem reichen Freier dagestanischer Herkunft Uruzov Ehe zu schließen. Als ihre Verwandten darum wussten, widersprachen sie ihr, trotzdem gab sie ihre Hartnäckigkeit nicht auf. Die Ehe mit Uruzov machte sie bisschen ruhiger aber brachte das erwartete Glück leider nicht mit. Erstens hatten sie keine Kinder, und zweitens machte Revolution von 1917 die Familie Pleite. Und auch nach der Gründung der Demokratischen Aserbaidschanischen Republik, in der Samed Bey Mehmandarov Kriegsminister war, kehrte sie nicht in die Heimat zurück. Heirat Sonas ohne Zustimmung von Verwandten hatte anscheinend eine große Lücke zwischen ihr und den Verwandten gerissen.
Von der Welt verabschiedete sie sich in der Heimat
Studien ergeben, daß Sona Xanim Mehmandarova seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Moskau gelebt hat. Vermutlich hat Bildungsminister von RSFS Anatoli Lunatscharski ihr beim Wechsel des Wohnortes geholfen, weil es damals sehr gefährlich war, der Familie Mehmandarovs anzugehören, deren Name in die „schwarze Liste“ eingeschlossen war. Frau von General Mehmandarov war gestorben, und sein Sohn war verbannt worden. Als Ende der dreißiger Jahre der Friedhof Çəmbərəkənd abgebaut wurde, hatte zwar aus Angst niemand an der Versetzung seines Grabes teilgenommen. Die mütterliche Seite-Talischinskiys erlebten auch das gleiche Leid. Nach Aussagen von Verwandten ist es unmöglich über Sona Xanims Leben in der Sowjetunion zu sprechen, da sie alle Dokumente und Fotos zu jener Zeit verbrannt hatte.
Erst nach 50 Jahren (1966) kehrte Sona Xanim Mehmandarova alt, krank und erschöpft nach Baku zurück. Aufgrund des Alters und Schwierigkeiten in der Sowjetunion wegen ihrer Herkunft war keine Spur von ihrer einzigartigen Schönheit vorhanden. Nach Aussagen war nur ihre Stimme frisch geblieben. Sie bewahrte noch aber ihre Vornehmheit.
Nach etlichen Jahren nach ihrer Rückkehr starb sie in Baku. Sie ist auf einem der Friedhöfe von Baku beigesetzt. Ihre Grabstätte bleibt zurzeit unbekannt.
Neriman Abdülrehmanli
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